Aus dem Gemeinderat

Umgang mit Zweitwohnungen in Interlaken
Interlaken, 12. März 2024 – Die Gemeinde Interlaken mit Interlaken Tourismus (TOI) haben am Dienstag, 12. März 2024, zum Medienkaffee zum Thema «Umgang mit Zweitwohnungen in Interlaken» eingeladen. Das Thema ist aktuell und wird in einigen Tourismusgemeinden kontrovers diskutiert. Doch wie verhält es sich im Detail mit der Zweitwohnungsthematik in Interlaken?
«Zweitwohnungen erfreuen sich nach wie vor hoher Beliebtheit, können aber in gewissen Fällen auch zu Unmut bei der einheimischen Bevölkerung führen», beschreibt Philippe Ritschard, Gemeindepräsident Interlaken. Im Wissen um die Aktualität zur Zweitwohnungs- resp. Plattformwohnungsthematik entschied sich der Interlakner Gemeinderat, gemeinsam mit der TOI einen Ausschuss zu bilden. Dabei wurde die auf rechtliche und raumplanerische Fragen spezialisierte Beratungsfirma ecoptima ag beigezogen. Erste Ergebnisse des Ausschusses liegen nun vor.

Interlaken als Vorreiter
Nicht nur als Tourismusdestination, auch in Sachen Massnahmen für die Zweitwohnungsthematik nimmt Interlaken eine Vorreiterrolle wahr: Interlaken ist die einzige Gemeinde auf dem Bödeli und auch gegenüber zahlreichen Regionen, welche bereits über ein Reglement zum Zweitwohnungsthema verfügt. «Dieses Reglement führt dazu, dass aktuell zahlreiche Umnutzungsgesuche publiziert werden – dabei handelt es sich zu einem grossen Teil um nachträgliche Bewilligungen für bereits als Zweitwohnung zur kurzzeitigen Vermietung genutzte Objekte», erläutert die Gemeinde. Dies, aber auch die aktuellen Medienbeiträge rund um Luzern oder das geplante Reglement in Unterseen heizen die Diskussion weiter an. In der teils angeregten Diskussion kann es passieren, dass Fakten verzerrt oder falsch interpretiert werden:
«Fakt ist, dass wir in Interlaken einen Zweitwohnungsanteil von rund 13 bis 14% aufweisen. Schauen wir auf die Leerwohnungsziffer, liegen wir mit aktuell 1,47% im Schweizer Schnitt.»

Gemeinde und Tourismus spannen zusammen
«Der kurzzeitige Aufenthalt in Zweitwohnungen hat sich als feste Beherbergungsform etabliert. Stark touristisch nachgefragte Destinationen wie Interlaken sind von dieser Entwicklung stärker betroffen. Dieser können wir uns nicht verschliessen, aber wir können dafür sorgen, dass rufschädigende und unlautere Angebote zur Rechenschaft gezogen werden», beschreibt Philippe Ritschard die Stossrichtung. «Diese komplexe Thematik erfordert einen noch intensiveren Dialog und die Konsensfindung zwischen allen involvierten Seiten», weiss Ritschard. Dies hat dazu geführt, dass im August 2023 ein Ausschuss mit Interessensvertretern aus Gemeinde und Tourismus gebildet wurde. Unter Beizug der auf solche Themen spezialisierten Beratungsfirma ecoptima ag wurde die Arbeit aufgenommen. Die Gemeinde will die Nutzungen zur kurzzeitigen Vermietung nicht verhindern, sondern dafür sorgen, dass mangelhafte Objekte sich nicht imageschädigend auf das lokale Übernachtungsgewerbe auswirken. «Wir schätzen die gute Zusammenarbeit mit den Behörden und das gemeinsam koordinierte Vorgehen», ergänzt Sandro Bolton, TOI-Präsident. Alle haben ein Interesse daran, dass ein qualitatives Angebot sichergestellt wird und negative Auswirkungen wie Lärmimmissionen, fehlende Durchsetzung von Hausordnungen oder gar unzumutbare Angebote wie umgebaute Nebenräume eliminiert werden.

Erste Resultate der Ausschussarbeit
«Alle neu erarbeiteten Überbauungsordnungen (UeO) und Zonen mit Planungspflicht (ZPP) werden ab sofort mit 100% Erstwohnungsanteil (EWA) belegt.», bestätigt Kaspar Boss, Vizegemeindepräsident. «Der Tourismus ist der Antrieb der Interlakner Wirtschaft, daher sind auch Zweitwohnungen wichtig und nicht wegzudenken. Allerdings ist es eben auch zentral, ausgleichend einzugreifen, um zum Beispiel Wohnraum für einheimische Familien zu schützen», so Boss weiter. Als aktuelles Beispiel nennt Kaspar Boss das IBI-Areal, auf welchem 100 Wohnungen entstehen und ein Erstwohnungsanteil von 100% durchgesetzt ist. Zudem werden 30 Wohnungen zu vergünstigtem Mietzins angeboten werden.

Unmittelbare Massnahmen eingeleitet
«Die Gemeinde kann durch ihre Organe Untersuchungsmassnahmen im Sinne der Steuergesetzgebung bei den Beherbergenden durchführen», bestätigen die Gemeinderäte Franz Christ, Ressort Bau, sowie Peter Michel, Ressort Sicherheit. Die TOI gilt gemäss Reglement als Vollzugsstelle. Der Prozess für die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde, der Bauverwaltung, der Vollzugsstelle und weiteren involvierten Stellen wird jetzt erstellt. Die Umsetzung ist ab dem 3. Quartal 2024 vorgesehen. Verschärfte Kontrollen über die Belegung aller nicht als Erstwohnungen registrierten Objekte mit Verstössen (z. B. nicht gemeldete Objekte oder fehlende Kurtaxenabrechnungen) können mit Bussen geahndet werden. Auch die baupolizeilichen Zustandsprüfungen der touristisch genutzten Wohnungen führen bei Widerhandlungen zu Bussen. «Die Angleichung der Auflagen an die bereits stark reglementierten und systematisch geprüften Anbieter wie Hotels, Hostels, Campings und Gruppenunterkünfte erachten wir als fair und zielführend für einen qualitativen Tourismus», so der Ausschuss. «Wir begrüssen eine qualitative Tourismusentwicklung im Sinne des Angebots, aber auch in Bezug auf Tourismus und Einheimische gemäss unserer Strategie «Ferienregion Interlaken 2030». Die Sensibilisierung ist eine permanente Aufgabe der TOI», erklärt Daniel Sulzer, Tourismusdirektor.
«Schlussendlich kommt das korrekte Ausfüllen des Kurtaxenformulars auch den Gästen zugute: Zahlen die Beherberger die Kurtaxe, haben die Gäste Anrecht auf eine Gästekarte, die ihnen viele Vergünstigungen und die kostenlose Benützung des öffentlichen Verkehrs bietet», fügt Sulzer an.

Ausschussarbeit wird fortgesetzt
Weitere Handlungsmöglichkeiten, welche vertieft geprüft, jedoch aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen nur mittel- bis langfristig umsetzbar wären, sind beispielsweise die Veränderung des EWA in den verschiedenen Zonen oder die Einführung eines EWA in den Wohnzonen. Ebenso wurde die Beschränkung der Anzahl Fremdübernachtungen pro Jahr sowie eine Lenkungsabgabe für neue und bestehende Zweitwohnungen analysiert. Der Ausschuss wird weiter darüber befinden.
Desweitern mussten vertieft diskutierte Handlungsoptionen aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen verworfen werden, weil sie nicht umsetzbar sind: Beispielsweise eine Wohnsitzpflicht für Vermieter von Zweitwohnungen, welche gegen die Niederlassungs- und Wirtschaftsfreiheit verstossen würde. Oder eine Reduktion des Zweitwohnungsanteils auf unter 20%, was einem Verstoss gegen das Bundesrecht gleichkäme.
«Wir sind überzeugt, mit diesen Schritten erste wirkungsvolle Massnahmen getroffen zu haben. Diese Thematik wird uns noch weiter beschäftigen – immer mit dem Ziel, diese Beherbergungsform in unserer touristisch geprägten Gemeinde in Einklang mit der einheimischen Bevölkerung zu bringen», schliesst Philippe Ritschard ab.

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